@Zwielichtspiel
Als der Heiler verblasste, starrte ich nur den Boden an, merkte sein Verschwinden aber daran, dass ich den stechenden Blick nicht mehr spürte. Eine ganze Weile hockte ich noch zusammen gekauert am Boden, den Blick auf meine zitternden Pfoten gerichtet. Ich war doch kein Mörder... Ich tötete Feinde, die mich töten wollten, so taten es die ehrbaren Krieger. Aber ich war nicht ehrbar. Ich war es nicht, war es nie gewesen. Ich hatte versagt. Völlig versagt. Was würde mich am Mondstein erwarten? Ich könnte es nicht ertragen, die ganzen enttäuschten Gesichter zu sehen, die so viel Hoffnung in mich setzten und dann sich eingestehen mussten, dass sie den Falschen genommen hatten. Ich war ei hoffnungsloser Fall, wahrscheinlich würde ich es nicht einmal mehr hinbekommen, das ganze meinen Clankameraden zu erklären, wie es passiert war. Ich würde wieder nur herum lügen, wieder versuchen, mich zu drücken und der Strafe zu entkommen. "Du Feigling. Du verkorkster Freak, du verdammter Idiot.",beschimpfte ich mich selbst leise zischend und schlug die Pfoten über dem Kopf zusammen. "Sie haben so recht, du bist eine Schande, ein riesiger Schandfleck bist du! Ein erbärmlicher Krieger, nicht einmal wert, Krieger genannt zu werden! Und ein Mörder! Ein elendiger, dreckiger, blutiger Mörder!" Ich hätte mir am liebsten hier und jetzt alle verbliebenen Leben raus gerissen und sie dem Sternenclan zurück gebracht, wusste jedoch, dass es nicht so einfach war. Ich musste Silberzunge zurück bringen, musste dafür sorgen, dass er ein anständiges Begräbnis erhielt. Ich musste Räubermond berichten, was passiert war, ich musste es allen sagen, damit sie sahen, was ich war. Ein Mörder, erbärmlich, ein Verbrecher. Ich hatte das Beste für den Rosenclan gewollt. Aber alles, was ich geschaffen hatte, das waren Angst und Zweifel und Bruch. Ich hatte doch gewusst, dass ich kein Anführer sein sollte, Falconcurse hatte es mir bereits als Schüler gesagt. Sogar er hatte Hoffnungen in mich gesetzt, er hatte mich mit seiner Kritik verbessern und unterstützen wollen. Räubermond, die mich angezweifelt hatte, hatte nur den Clan schützen wollen, vor mir. Und Silberzunge? Er hatte mich aufgeheitert, als Räubermond drauf und dran war, mich zu verlassen. Er war für mich da gewesen. Ich hatte sie alle im Stich gelassen, ja sogar gegen sie angekämpft. Ich war ein Haufen Dreck, genau das, was ich nie hatte sein wollen, wovor ich immer Angst hatte, doch immer wusste, dass es die reine Wahrheit war. Sie hatten Hoffnung in mich gesetzt, hatten an mich geglaubt. Und was tat ich? Ich war verblendet von meinen Ängsten, konnte dem Druck nicht standhalten, den Erwartungen und letztendlich hatte Zwielichtspiel mich brechen könne, als wäre ich ein Vogelknochen gewesen. Am Mondstein würden sie auf mich warten. Und dort würde ich auch meinen letzten Funken Würde eines Anführers verlieren, falls ich sie je besessen hatte. Das war meine letzte Aufgabe als Anführer. Meinen Posten abzutreten und ihn Räubermond zu übergeben. Sie war weitaus fähiger als ich, hatte mir ihre Bedenken ausgesprochen und ihre Lösungswege waren deutlich friedlichere gewesen, als meine. Ich gehörte nicht an eine Führungsposition, das war jetzt wohl allen klar geworden. Ich war kein Anführer und wahrscheinlich war ich nicht einmal ein richtiger Krieger. Wieso sonst trieb ich mich denn überhaupt ab und zu am Zweibeinerort herum? Ich hatte im Clan fast nichts mehr, das mich dort hielt, denn bevor ich irgendjemandem half, machte ich seine Situation erst einmal schlechter. So lief es immer und so würde es wahrscheinlich auch immer laufen. Nach einer langen Zeit, die ich damit verbrachte, meine Pfoten anzustarren und die Tränen zurück zu halten, erhob ich mich langsam und schweigend. Ich musste das zu ende bringen. Silberzunge sah grauenhaft aus, machte mir irgendwie Angst und die Tatsache, dass ich dafür verantwortlich war, machte das Ganze nur noch schlimmer. Ich zog ihn vom Zaun weg und legte ihn mir auf den Rücken, ehe ich mich in Richtung Lager auf machte.